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Haben Sie sich im Urlaub in Frankreich nicht auch schon einmal gefragt, wie man wohl gelebt hat an den legendären Orten, an denen wir heute Urlaub machen? In der Normandie geht es meinem Mann Jürgen und mir, Ursula, sehr oft so. Wie fühlt es sich zum Beispiel an, zur Familie von Claude Monet zu gehören? Mit Giverny kein Museum und keinen Garten, sondern Kindheitserinnerungen zu verbinden? Auf diese Frage hat Philippe Piguet, General-Kurator des Impressionismus-Festivals 2020 und Ur-Enkel von Claude Monet, in einem Interview des Tourismusverbands Normandie Antworten gegeben.

Kindheitserinnerungen an Giverny

Wenn Jürgen und ich durch das Blütenmeer von Giverny schlendern und uns das Haus von Claude Monet ansehen, sind wir ehrfürchtig. Hier hat der große Maler seine Seerosen gemalt, hier hat er gelebt. Für Philippe Piguet ist Giverny das Haus seiner Großmutter Germaine Hoschedé, hier verbrachte er seine Sommerferien mit seinen Geschwistern. Er spielte im Garten und fing Fische im Teich, wo heute jedes Jahr tausende Reisende spazieren. Seinen Ur-Großvater Claude Monet nahm er als liebenswürdigen und zuweilen autoritären Mann war, der sich gern mit Freunden und Familie umgab. Dass sein Großvater ein großer Künstler war, war ihm als Kind gar nicht bewusst.

Portrait de Philippe Piguet,

Auf der Suche nach der eigenen Familiengeschichte in Giverny

Als Jugendlicher verbringt er des Öfteren Wochenenden bei seiner Großmutter. Er bemerkt, wie Monets Kunst seit den 1960er Jahren international mehr und mehr Bedeutung erlangt. Piguet begibt sich auf die Suche nach den Familienerinnerungen, Fotos und Briefen von Claude Monet an seine Freunde und Verwandte. Er erstellt ein erstes Familienarchiv. Mit den Jahren wird er zum Experten für die Geschichte von Claude Monet. Doch nicht nur das, er spezialisiert sich ebenfalls auf die Kunst seiner Großtante, Blanche Hoschedé-Monet. Zwischen 1973 – 1984 richtet er sogar selbst zeitgenössische Kunstausstellungen bei sich zu Hause aus.

Wenn das Lieblingsporträt im Museum hängt

Gefragt nach seinem Lieblingsgemälde des Impressionismus von Monet, sagt Piguet, dass dies das Gemälde Germaine Hoschedé et sa poupée (Germaine Hoschedé und ihre Puppe) sei. Es zeigt seine Großmutter und wurde 1877 von Monet gemalt. In seiner Kindheit hing es im Esszimmer der Familie. Heute wird es im Kimbell Art Museum in den USA ausgestellt.

In den Orten des Impressionismus den Großvater sehen

An der japanischen Brücke in Giverny oder entlang der Pappelallee des Flüsschens Epte gleich um die Ecke sehen Jürgen und ich den großen Maler des Impressionismus. Philippe Piguet sieht hier nicht nur den großen Meister, sondern auch seinen Großvater und die Familiengeschichte. In den Kreidefelsen von Étretat, dem Künstlerstädtchen La Bouille an der Seine, am Strand von Cabourg oder auf den Boulevards von Paris sieht Philippe Piguet wunderschöne Orte des Impressionismus – und Inspirationsquellen für seinen berühmten Großvater.

Impressionismus – damals und heute

Philippe Piguet betrachet die Kunst Claude Monets sowohl als Ur-Enkel, als auch als Kunstkenner. Die Arbeiten seines Großvaters haben die Welt der Kunst auf den Kopf gestellt. Weg von den starren Regeln der großen Kunstsalons und der Ateliermalerei, hin zu einer Explosion der Farben, ähnlich der heutigen Pixel. Als erste moderne Kunstrichtung hat der Impressionismus Bewegung eingefangen und ein Eintauchen in die Gemälde ermöglicht. Die Serien-Malerei wurde vom Impressionismus erfunden und gehört noch heute zu den meist genutzten Kunstformen. Heute ist es vor allem die Künstlerin Joan Mitchell, die in Philippe Piguet ein „Impressionismus-Gefühl“ hervorruft. Als enge Freundin hat sie ihm viel über den Einfluss seines Großvaters auf die amerikanische Malerei erzählt hat.

Was ist die Aufgabe des Impressionismus-Festivals heute?

Als General-Kurator betont Philippe Piguet vor allem den Umsturzcharakter des Impressionismus. Alte Gewohnheiten – der Impressionismus wollte davon nichts wissen. Rebellische Maler wie sein Großvater haben sich durchgesetzt mit ihrer innovativen Kunst. In dieser Tradition sieht er auch das Impressionismus-Festival. Mit altbekanntem brechen, die Kraft des Impressionismus für Gesellschaft und Kunst zeigen und Brücken schlagen zur zeitgenössischen Kunst. Das ist für ihn die Seele des Impressionismus-Festivals. Dem können Jürgen und ich nur zustimmen und freuen uns auf die vielen Ausstellungen des Festivals!