Aktualisiert am 21 Mai 2021
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Im vierten Artikel „Ein Friedhof für die Freiheit“ beschreibt Guido Knopp den amerikanischen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer und den Deutschen in La Cambe. Beide Friedhöfe erinnern zum einen an die Landung der Alliierten in der Normandie und an die zahlreichen gefallenen Soldaten; zum anderen steht jeder Soldatenfriedhof für die Freiheit der Normandie und für das Ende der Tyrannei in Europa.
Colleville und La Cambe: Eindrucksvolle Soldatenfriedhöfe in der Normandie
Zwei der eindrucksvollsten Soldatenfriedhöfe, die an die alliierte Landung in der Normandie erinnern, liegen nahe beieinander – und sind so verschieden, wie Friedhöfe nur sein können: der amerikanische Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer und der deutsche in La Cambe.

Der „Normandy American Cemetery“ liegt oberhalb des damals heißumkämpften Abschnitts „Omaha Beach“. In den frühen Morgenstunden des 6. Juni 1944 landeten hier die 1. und die 29. US-Infanteriedivision – und stießen auf den heftigen Widerstand der dort stationierten deutschen 352. Infanteriedivision. Erst gegen 20 Uhr gelang es den Amerikanern, auf einer Anhöhe westlich von Colleville einen ersten Brückenkopf zu errichten. „Omaha Beach“ war der blutigste und verlustreichste Schlachtort des D-Day. Mehr als 3.000 Männer der Landungstruppen ließen hier, auf „bloody Omaha“, ihr Leben.
Schon zwei Tage später, am 8. Juni 1944, wurde in Colleville ein provisorischer Soldatenfriedhof für die vielen Gefallenen errichtet. Heute bietet der vom US-Kongress patronierte „Normandy American Cemetery“ einen würdigen Gedenkort mit 9.387 Gräbern und einem Mahnmal für 1.557 Vermisste der US-Armee.

Berühmt wurde der Friedhof durch den mit fünf Oscars prämierten Spielfilm „Der Soldat James Ryan“, in dem der Protagonist das Grab des fiktiven Captain Miller (gespielt von Tom Hanks) besucht.
Sicher ist das Pathos, das den Ort umweht, für deutsche Besucher ungewohnt – etwa Aufschriften wie „Der Geist der amerikanischen Jugend steigt aus den Wellen.“ Oder auch das tägliche Einholen der amerikanischen Flagge, pünktlich um 9 und 16.30 Uhr im Rahmen eines militärischen Zeremoniells.
Doch denken wir daran, dass der D-Day der Beginn einer Befreiung war, die letzten Endes auch uns Deutschen galt. Und seine Soldaten, die Lebenden wie die Toten, zählen in der amerikanischen Gesellschaft heute zur „Greatest Generation“- der „größten Generation“.
Am Eingang des Friedhofs befindet sich eine Kapsel, die am 6. Juni 2044, ein Jahrhundert nach dem D-Day, geöffnet werden soll. Sie enthält eine Botschaft von Dwight D. Eisenhower aus jenen Tagen, dem Oberkommandierenden der Alliierten und späteren US-Präsidenten, an künftige Generationen. Es darf vermutet werden, dass sie auch daran erinnert: Die Freiheit muss immer wieder neu verteidigt werden.

Ganz anders ist die Atmosphäre auf dem deutschen Soldatenfriedhof von La Cambe, wo über 21.000 deutsche Gefallene ruhen. La Cambe ist damit der größte deutsche Soldatenfriedhof der Normandie. Entlang der 1,2 Kilometer langen Zufahrt zum Friedhof stehen in einem „Friedenspark“ 1.200 Ahornbäume. Die Spender der Bäume setzten hiermit ein lebendiges Zeichen für den Frieden. Frieden ist auch das Ziel der dreisprachigen Ausstellung im Informationszentrum, die zum Nachdenken über Krieg und Gewalt anregt und zum Frieden mahnt.
Der Friedhof La Cambe selbst wirkt im Vergleich zu Colleville schlichter und es verbirgt sich ein wahrer Schatz der Geschichte, den es zu entdecken lohnt. Dunkle Kreuze vermitteln das Gefühl, dass diese Toten nicht für eine gerechte Sache gefallen sind. Doch macht der Tod nicht alle gleich? Der Besuch von La Cambe stimmt traurig. All diese jungen Männer wurden sinnlos geopfert, damit ein mörderisches Regime noch ein paar Monate länger sein Unwesen treiben konnte. Und gerade wenn man beide Friedhöfe, Colleville und La Cambe, an einem Tag besucht, fällt ein Gedanke leicht:
Dank an die jungen Männer, die Europa von der Tyrannei befreiten. Die ganze Normandie – sie ist bei aller landschaftlichen Schönheit auch vor allem ein Gedenkort für den Wert der Freiheit.
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