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Der in Rouen geborene Schriftsteller Gustave Flaubert ist weltweit für seinen Roman „Madame Bovary“ (1857) bekannt. Sein Leben lang lebte Flaubert in der Normandie und verließ die Region nur für seltene Aufenthalte in Paris, Südeuropa oder im Nahen Osten. Mit Blick auf die Seine schrieb er Weltliteratur – einige Romane, Kurzgeschichten und ein Theaterstück. Mit seinem realistischen Schreibstil versetzte er seine Zeitgenossen in Aufruhr. Für seinen Roman „Madame Bovary“ musste er sich sogar vor Gericht für den „Verfall der guten Sitten“ verantworten. Als nach seinem Tod 1880 genau dieser Stil jedoch in Mode kam, wurde er zu einem der beliebtesten Schriftsteller in der Normandie. Er zählt heute zu den berühmtesten und einflussreichsten französischen Schriftstellern der Welt.

Madame Bovary – Gustave Flauberts Debüt und Meisterwerk

Weltweit ist Flaubert für seinen Debütroman „Madame Bovary“ bekannt. Die Geschichte erzählt von Emma Bovary. Jung und schön, jedoch gelangweilt lebt die Arztgattin zusammen mit ihrem charakterlich unspektakulären Ehemann Charles Bovary auf dem Land in der Normandie. Sie sehnt sich nach Abenteuer, Leidenschaft, Reichtum – Dinge, die ihr das normannische Dorfleben nicht ganz bieten kann. Die Geschichte von Emma berührte und begeisterte die Leserschaft – der Roman war ein Hit.

Reisen Sie auf den Spuren von Gustave Flaubert in der Normandie

Wo alles begann: Flaubert in Rouen

ROUEN: Am 21. Dezember 1821 wird Gustave Flaubert als Sohn eines Arztes in Rouen geboren. Sein Geburtshaus – ein Nebengebäude der Uniklinik von Rouen – kann noch heute besichtigt werden. Das Museum ist der Geschichte der Medizin und Flaubert gewidmet. Er ging auf da Lycée Pierre Corneille im Herzen der Stadt zur Schule und studierte anschließend Jura in Paris (1840).

Inspiration holte Flaubert sich in den engen Gassen der Altstadt und insbesondere in der Kathedrale von Rouen. Im Nordflügel des Chors sehen Sie das wunderschöne Saint-Julien Fenster, das Flaubert als Vorlage für seine Kurzgeschichte „La légende de Saint-Julien l’hospitalier“ (Sankt Julian der Gastrfreundliche) diente. In der Kathedrale von Rouen lässt Flaubert ebenfalls ein Treffen zwischen Emma Bovary und ihrem Liebhaber Leon stattfinden.

Ganz im Thema bleiben Sie, wenn Sie im Hotel littéraire Gustave Flaubert in Rouen übernachten, gleich am Altmarkt. Oder aber Sie entscheiden sich für das opulente Hôtel de Bourgtheroulde. Es gilt als Inspiration für das Hôtel de Boulogne, in dem Emma und ihr Liebhaber sich in Madame Bovary treffen.

Zentrum von Rouen
Zentrum von Rouen © V. Rustuel

Im Tal der Seine schrieb Flaubert Weltliteratur mit Blick auf die Seine

CROISSET: Der Flaubert-Pavillon ist alles, was von dem Zuhause der Flauberts im Tal der Seine noch übriggeblieben ist. Nicht weit entfernt von Rouen lebte Flaubert hier 35 Jahre lang bis zu seinem Tod. Mit Blick auf die Seine schrieb er Weltliteratur, Inspiration fand er im Umland und in seinem Haus. Heute ist im Pavillon ein kleines Museum untergebracht, das persönliche Gegenstände des Schriftstellers ausstellt. Schreibutensilien, Porträts, Gravuren… Besucherinnen und Besucher können eine einstündige geführte Besichtigung in Englisch buchen (bitte vorab reservieren!). Flauberts persönliche Büchersammlung finden Sie ganz in der Nähe, im Rathaus von Canteleu.

Pavillon Flaubert in Croisset
Pavillon Flaubert, Le Croisset

Das tragische Schicksal der Delphine Delamare

RY: Während Flaubert sich auf Reisen im Nahen Osten und in Südeuropa befand, ereignet sich 1851 in dem normannischen Dorf Ry, unweit von Rouen, ein Drama. Die Frau eines gewissen Doktor Delamare begeht Selbstmord im Alter von 27 Jahren. Als Gründe werden genannt: eine unglückliche Beziehung, generelle Langeweile und Schulden. Flaubert wird von einem Freund dazu ermutigt, dieses Ereignis als Roman zu schreiben. Obwohl Flaubert stets betont, dass Madame Bovary reine Fiktion gewesen sei, sprechen die Parallelen zwischen der Geschichte von Delphine Delamare und Emma Bovary für sich.

Es wird angenommen, dass Yonville-l’Abbaye, das Dörfchen, in dem Madame Bovary spielt, auf dem normannischen Ry basiert. Und so wurde aus Ry selbst eine Sehenswürdigkeit mit einem Madame Bovary-Museum und einer Galerie Bovary. Das Grab des echten „Charles Bovary“ – Doktor Delamare – kann an der Kirche besucht werden.

Das Dorf Lyons-la-Forêt in der Normandie zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs
Das Dorf Lyons-la-Forêt in der Normandie zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs © Thierry Houyel

Filmreif: Lyons-la-Forêt

Ungefähr 15 Kilometer südlich von Ry liegt Lyons-la-Forêt, eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Normannische Fachwerkhäuser zieren den Marktplatz mit seiner Markthalle aus Holz, Restaurantterrassen laden zum Verweilen ein. Das kleine Dorf wirkt wie aus der Zeit gefallen, sodass es gleich zweimal als Filmkulisse für Madame Bovary diente. Jean Renoir (1934) und Claude Chabrol (1991) drehten hier ihre „Madame Bovary“-Filme. 2013 diente Lyons-la-Forêt auch für den Film „Gemma Bovery“, der viele Parallelen zu Flauberts Roman zieht, als Filmkulisse.

Flaubert und die Liebe am Meer

TROUVILLE-SUR-MER: Wie viele Normannen und Pariser verbrachte auch Flauberts Familie ihre Sommer an der Küste der Normandie. Im hübschen Seebad Trouville-sur-Mer verliebt sich Flaubert 1836 im zarten Alter von 14 Jahren in die verheiratete Elise Schlesinger. Es wird angenommen, dass sie das reale Vorbild für Madame Arnoux ist, dem Hauptcharakter seines Romans „L’éducation sentimentale“ („Lehrjahre der Männlichkeit“). Ebenfalls in Trouville lässt Flaubert seinen Roman „Un coeur simple“ („Ein schlichtes Herz“) spielen. Die Handlung: Am Strand in Trouville verbringt die Magd Félicité den Sommer mit ihren Arbeitgebern und trifft dort zufällig ihre lange vermisste Schwester Nastasie.

Direkt an der Strandpromenade, mit Blick auf das Meer, schlafen Sie im Hotel Flaubert. In der Nähe des Casinos von Trouville finden Sie außerdem eine Statue von Flaubert. Der Blick der Statue zeigt an, wo sich das Hotelzimmer von Elise Schlesinger im 19. Jahrhundert befand.

DEAUVILLE: Im eleganten Seebad Deauville, direkt neben Trouville, erbte Flaubert Land von seiner Mutter. Was nicht bedeutet, dass Flaubert zum Landwirt umsattelte. Vielmehr verkaufte er das Land, um die Schulden des Ehemanns seiner Nichte tilgen zu können. Die Villa Strassburger und die Rennbahn Deauville-la-Touques – beides große Sehenswürdigkeiten – stehen heute dort, wo früher der Hof der Flauberts stand.

Von Cidre, Käse und Rittern

PONT-L’EVEQUE: Als Kind verbrachte Flaubert viel Zeit in der Nähe von Pont-L’Evêque, nicht weit entfernt von Trouville. „Ein schlichtes Herz“ spielt hier, in dieser für ihren Cidre und Käse bekannten Region „Pays d’Auge“. Fachwerkträume, Apfelgärten, die Cidre-Route – hier ist die Normandie pittoresk und scheint sich seit dem 19. Jahrhundert nicht stark verändert zu haben. Wenn Sie dort übernachten wollen, wo Flaubert geschlafen hat, dann wählen Sie das Hotel Domaine des Geffosses – ein ehemaliger typischer Fachwerkbauernhof.

CHATEAU GAILLARD: Jeder, der die eindrucksvollen Ruinen des Château Gaillard in Les Andelys besichtigt folgt gleichzeitig den Spuren von Flaubert. In Les Andelys wohnte Ernest Chevalier, einer der engsten Freunde Flauberts. Gemeinsam entdeckten Sie das Schloss Richard Löwenherz‘ und das Tal der Seine.

2021 und 2022: Die Normandie feiert den 200. Geburtstag von Gustave Flaubert

Die Verbundenheit des Schriftstellers mit der Normandie – insbesondere mit Rouen – macht ihn zu einer Schlüsselfigur normannischer Kultur. Noch bis Juni 2022 veranstaltet die Normandie deshalb ein buntes Programm, um den 200. Geburtstag von Gustave Flaubert zu feiern. Ausstellungen, geführte Besichtigungen, Vorführungen und pädagogische Aktivitäten sind Teil des Programms, das u.a. an den Orten stattfindet, die in diesem Artikel vorgestellt werden.