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Die Normandie ist das Land der Wikinger und Seefahrer. Sie haben ihre Ideen und Errungenschaften überall dort eingebracht, wo sie sich niederließen. Zugleich waren sie offen für neue Entwicklungen und Kulturen. Das gilt auch für die Architektur der Normandie. Die Normandie hat ihren eigenen Architekturstil, die „Architecture normande“ oder den „Norman Style“. Die Tatsache, dass es für die Architektur der Normandie eine französische und eine englischsprachige Bezeichnung gibt, sagt bereits einiges über die lange Geschichte beider Länder aus. Entdecken Sie die schönsten Architektur-Sehenswürdigkeiten der Normandie.

Der normannische Stil als Exportschlager

Im 11. und 12. Jahrhundert entwickelten die Normannen nicht nur in Frankreich, sondern auch in England und sogar in Sizilien ihren eigenen Architektur-Stil. Dieser lehnt sich an die Romanik an. Einflüsse der französischen Gotik oder speziell in Sizilien byzantinische, italienische und sarazenische Elemente werden in die normannische Architektur integriert. Aber beginnen wir von vorn: Massive Proportionen und Rundbögen kennzeichnen den normannischen Stil. Durch sich kreuzende Rundbögen entstehen in der Normandie die ersten Kreuzgewölbe, der Weg für die Gotik wird so gelegt. Nicht nur Kirchen, Klöster und Kathedralen werden im normannischen Stil errichtet. Auch Burgen, Schlösser und Bergfriede weisen die typische massive Bauweise auf.

Mit der Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahr 1066 exportieren die Normannen ihre Architektur nach England. Die Kathedrale von Bayeux, das Kirchenschiff der Abtei des Mont Saint-Michel, die Kirche Saint Nicolas von Caen oder die Abteien von Lessay und Cerisy la Forêt sind hervorragende Beispiele für den normannischen Architektur-Stil.

Kathedrale von Bayeux
Kathedrale von Bayeux

Die französische Gotik: von den Normannen in ihre eigene Architektur integriert

Frankreich ist die Wiege der Gotik. Ab dem 12. Jahrhundert wird dieser Architektur-Stil aus filigranen Spitzbögen, großen Fenstern und aufstrebenden Säulen in die Normandie exportiert. Wieso exportiert, ist die Normandie kein Teil Frankreichs? – Nicht im 12. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war die Normandie ein eigenständiges Herzogtum. Die Herzöge der Normandie waren gleichzeitig Könige von England (wir erinnern uns an Wilhelm den Eroberer und das Jahr 1066). Nichtsdestotrotz nahmen die Normannen die gotischen Einflüsse der französischen Nachbarn gern auf. Sie integrierten sie in ihre normannischen Bauwerke, man spricht von „normannischer Gotik“. Die Kathedrale von Rouen, der Justizpalast von Rouen oder Notre Dame von Caudebec-en-Caux sind tolle Zeugnisse der normannischen Gotik und der späteren Flamboyant-Gotik (14. Jahrhundert).

Die Renaissance: prachtvolle Privatgebäude mit viel Glanz und Pomp  

In der Normandie entfaltet die Renaissance ihre ganze Schönheit im Privaten. Ursprünglich in Italien entstanden, führte Georges I. d’Amboise, Erzbischof von Rouen im 15. Jahrhundert, den Architektur-Stil in der Normandie ein. Rankenornamente, Blättermotive, Medaillons, Muscheln – kleine Details verhelfen der Renaissance zu ihrem Glanz. Sehr sehenswerte Renaissance-Gebäude in der Normandie sind das Hotel Bourgtheroulde in Rouen, das Hôtel Escoville in Caen und das Schloss „Château d’O“.

Übrigens, wer zu dieser Zeit etwas auf sich hält in der Normandie, der verschönert sein Haus mit Feuerstein der Kreidefelsen der Normandie. Sehr schön zu sehen in Honfleur und an den Villen der Alabasterküste.

Der Klassizismus: klare Linien und Rationalität

Auf die überschwängliche Renaissance folgt der rationale Klassizismus auch in der Normandie (17.-18. Jahrhundert). Klare Linien aus Ziegelsteinen, gleichmäßige Fassaden, der Klassizismus benötigt Platz, damit der Betrachter das große Ganze erfassen kann. Das Schloss Balleroy ist exemplarisch für diesen Architektur-Stil.

Klassizismus 2.0 in Le Havre: Perrets Poesie in Beton

Stadtzentrum Le Havre
Stadtzentrum Le Havre

Hätten Sie gewusst, dass das Zentrum der UNESCO-Stadt Le Havre von Auguste Perret und seinem Team im Architektur-Stil des „strukturellen Klassizismus“ wiederaufgebaut wurde? Nachdem das Stadtzentrum von Le Havre im 2. Weltkrieg komplett zerstört wird, erschafft Auguste Perret, der „Meister des Betons“, ein Ensemble aus klaren Linien mit Beton. Helle Apartments, breite, großzügige Straßen und die Église Saint Joseph, die wie ein Leuchtturm über der Stadt thront, sind die Wahrzeichen der von Le Havre. Die Musterwohnung der Stadt Le Havre im Design der 50er Jahre sollten sie unbedingt besichtigen. Denn spätestens bei dieser Besichtigung wird Ihnen klar, welche moderne Vision Perret in Le Havre umgesetzt hat.

Die Belle Époque: die Normandie in der Moderne

Strandvillen in Trouville
Strandvillen in Trouville

Ganz Paris fährt Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts ans Meer in die Normandie. Dieppe wird das erste Seebad Frankreichs. Trouville erhält schnell den Beinamen „Königin der Strände“ und Deauville wird zum Treffpunkt der Eleganz. Die Impressionisten folgen dem Besucherstrom und malen die feinen Damen und Herren beim Spaziergang am Strand. Coco Chanel eröffnet in Deauville ihre erste Boutique am Meer, die Normandie wird zur Wiege des Impressionismus. Noch heute reihen sich die hübschen Seebäder der Normandie gleich einer Perlenschnur entlang der normannischen Küste aneinander. Ihre Strandpromenaden und Brasserien versprechen Reisenden wie Einheimischen Entspannung und Erholung. Von der Alabasterküste mit Dieppe oder Étretat über die Blumenküste mit TrouvilleDeauvilleCabourg oder Houlgate, weiter entlang der Perlmuttküste und Ouistreham bis zur Halbinsel Cotentin mit Barneville-Carteret oder ganz im Westen Granville, dem „Monaco des Nordens“: Die Seebäder der Normandie im Stil der Belle Époque sind absolut sehenswert.  


Die UNESCO Sehenswürdigkeiten der Normandie

Die UNESCO Sehenswürdigkeiten der Normandie

Moderne Architektur und Design in der Normandie

Moderne Architektur und Design in der Normandie

Die schönsten Leuchttürme der Normandie

Die schönsten Leuchttürme der Normandie